Es ist ein großes Glück, heute noch einen Zeitzeugen aus den Tagen des Nationalsozialismus an einer Schule begrüßen zu dürfen. Dieses Glück wurde den 7. und 8. Klassen zuteil, als wir am 29. Jänner das Team aus Vater und Sohn Dr. Schindl willkommen heißen durften.

Dr. Andreas Schindl ist als Dermatologe in Wien und Retz tätig und zudem Autor des exzellent geschriebenen und sehr filmisch strukturierten Buches Die Verspätung, einer Mischung aus den realen Erlebnissen seines Vaters Franz und einer semi-fiktionalen Beschäftigungen mit dessen Vater, der noch in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs zur Wehrmacht eingezogen wurde und nicht mehr nach Hause kommen sollte. Dr. Franz Schindl, seines Zeichens studierter Jurist und mittlerweile im 93. Lebensjahr, schilderte äußerst lebendig über die großteils unbeschwerte Zeit seiner Kindheit und Jugend, in der er seinen Traum fasste, einmal Pilot zu werden, und sprach auch über jene Tage, in denen er aufgrund seiner Begeisterung für die nationalsozialistische Elitenschule Napola in einen direkten Konflikt mit seinem Vater geriet – der seinerseits zu jener Verspätung von einer Dreiviertelstunde führte, aufgrund derer der Vater zum Kriegsdienst eingezogen wurde. Berührend die Szene des Abschieds, der kein richtiger war, am Bahnhof Gmünd und die Erzählungen von Vater und Sohn Schindl über die Nachforschungen zu ihrer eigenen Familiengeschichte, die schließlich in dem Buch aufgearbeitet wurde. Unsere Schüler:innen beteiligten sich an der Diskussion mit zahlreichen Fragen, etwa über Parallelen in der Politik zwischen damals und heute, und gewannen Einsicht in die damalige Zeit abseits der harten Fakten in den Schulbüchern.

Viele Begegnungen mit Zeitzeugen werden für uns nicht mehr möglich sein. Schätzen wir uns glücklich, dass wir diese erleben durften.

Text und Fotos: Mag. Peter Schnaubelt