Wer touristische Sehenswürdigkeiten zu einem früheren Zeitpunkt schon einmal besichtigt hat und einen solchen Besuch in der Ära des Massentourismus wiederholt, kennt den Unterschied: Kein Vergleich, was die Atmosphäre und die Tiefe der Empfindungen betrifft. Ein ähnliches Erlebnis hatten wir bei unserem Besuch in der Präsidentschaftskanzlei am 28. November. Zuletzt, im Juni 2019, erlebten die teilnehmenden Klassen unserer Schule zusammen mit geschätzt 150 anderen Jugendlichen eine intensive Begegnung mit Bundespräsident Alexander van der Bellen, damals im Maria-Theresien-Zimmer mit der berühmten roten Tapetentür und einer Diskussion sinnvoller Fragen auf Augenhöhe; es konnten sogar einige persönliche Worte ausgetauscht werden.
Diesmal fanden sich die Klassen 7a, 7b und 8a inmitten einer Menge von 500 Jugendlichen in einem großen Spiegelsaal, aus dem uns schon laute Musik entgegenwummerte. Zwei Animateure veranstalteten Ratespiele und übten in dem Tumult das Einklatschen für den Auftritt des Bundespräsidenten, der dann auch wirklich bald darauf den Saal betrat. In einer drauffolgenden kurzen Rede befasste sich Alexander van der Bellen mit der zentralen Rolle der Demokratie als Garant von Freiheit und Menschenrechten und den Gefahren von unkritisch konsumierten Fake News.
Dann kam der Zeitpunkt, an dem Fragen gestellt werden durften. Wir hatten uns im MKP- und GPB-Unterricht mit interessanten Themen der Gegenwartspolitik beschäftigt, und Caroline Wazlawik aus der 8a wurde tatsächlich von einem der Animateure ausgewählt und brachte ihre Frage zum Thema von Österreichs Neutralität in der heutigen Zeit vor. Das Interesse der anderen, zum Teil wesentlich jüngeren Schüler:innen richtete sich dann aber eher auf den Tagesablauf und das Mittagessen des Präsidenten, und nach einer knappen halben Stunde war dieser Programmpunkt auch schon wieder vorbei. Dass daraufhin Selfies mit dem Bundespräsidenten gemacht werden konnten und diese in Social Media in Umlauf gebracht werden sollten, schien den Animateuren wichtiger als die tatsächlichen Inhalte der Begegnung zu sein.
Was bleibt, ist das Gefühl durch die Räume der Hofburg geschritten und dem Bundespräsidenten wirklich von Angesicht zu Angesicht begegnet zu sein - natürlich ein schönes Erlebnis; dass wir dieses am sogenannten „Schüler:innenTAG“ gern tiefgehender gestaltet gewusst hätten, bleibt bei der Exkursion leider ein Wermutstropfen.
Text und Fotos: Mag. Peter Schnaubelt